»Ich verlobte mich mit Fräulein Enghaus; ich that es sicher aus Liebe, aber ich hätte dieser Liebe Herr zu werden gesucht und meine Reise fortgesetzt, wenn nicht der Druck des Lebens so schwer über mir geworden wäre, daß ich in der Neigung, die dieß edle Mädchen mir zuwendete, meine einzige Rettung sehen mußte. Ich zögere nicht, dieses Bekenntniß unumwunden abzulegen, so viel ich auch dabei verlieren würde, wenn ich einen Deutschen Jüngling zum Richter hätte; auf eine unbesiegbare Leidenschaft darf man sich nach dem dreizigsten Jahre nach meinem Gefühl nicht mehr berufen, wenn man nicht ein völlig inhaltloses Leben führt, wohl aber auf eine Situation, die, ein Resultat aller vorher gegangenen, das Daseyn selbst mit seinem ganzen Gehalt in’s Gedränge bringt, wie es in jedem Sinn mein Fall war. Es ist meine Ueberzeugung und wird es in alle Ewigkeit bleiben, daß der ganze Mensch derjenigen Kraft in ihm angehört, die die bedeutendste ist, denn aus ihr allein entspringt sein eigenes Glück und zugleich aller Nutzen, den die Welt von ihm ziehen kann; diese Kraft ist in mir die poetische: wie hätte ich sie in dem miserablen Kampf um die Existenz lebendig erhalten und wie hätte ich diesen Kampf ohne sie auch nur nothdürftig in die Länge ziehen sollen, da bei meiner unablenkbaren Richtung auf das Wahre und Echte, bei meiner völligen Unfähigkeit, zu handwerkern, an einen Sieg gar nicht zu denken war. Wenn nun die Ruhe des Gewissens die Probe des Handelns ist, so habe ich nie besser gehandelt, als indem ich den Schritt that, aus dem Elise mir eine Todsünde macht; ich will aber, so sehr sie sich auch in Sophistereien verstrickt, um den ungeheuren Abstand zwischen ihren Resignations-Versicherungen und ihrem Betragen zu verkleistern, nicht den Stab über sie brechen, sondern darin Nichts, als den Beweis erblicken, daß der Mensch auf Alles, nur nicht auf die Grund-Bedingung seiner Existenz Verzicht zu leisten vermag, und mich der Hoffnung ergeben, daß sie einmal, früher oder später, zu einer klareren Einsicht in das Sach-Verhältniß gelangen wird.«
Tagebuch — 31. Dez. 1846